Der genaue Ablauf einer Begutachtung kann sich individuell nach vorliegender Fragestellung unterscheiden. Demnach entscheidet sich der Ablauf zwischen Gutachten, niemals aber innerhalb eines Gutachtens zwischen den Beteiligten (Grundsatz der Objektivität und Gleichberechtigung aller Beteiligten). Folgende Schritte können beispielsweise in einem Gutachten durch den Sachverständigen unternommen werden:
Der Sachverständige verschafft sich auf Grundlage der zur Verfügung stehenden Gerichtsakte einen Überblick über den Sachverhalt.
Im Rahmen einer Begutachtung werden bei den beteiligten Elternteilen mehrere Hausbesuche durchgeführt, die vorher angekündigt werden. Es werden Befragungen durchgeführt, Interaktionen der Eltern mit dem Kind beobachtet und die Wohnverhältnisse in Augenschein genommen.
Zu einer wissenschaftlich fundierten und zeitgemäßen psychologischen Diagnostik gehört der Einsatz diverser Fragebögen und quantitativer psychologischer Testinstrumente, die den Beteiligten (Elternteile und Kinder) im Rahmen der Begutachtungstermine erklärt und entsprechend durchgeführt werden.
Es wird eine (teil-)standardisierte qualitative Befragung aller Beteiligten (Elternteile und Kinder) durchgeführt. Zusätzlich wird eine Befragung zur Lebensgeschichte und der psychologisch-gesundheitlichen Vorgeschichte der beteiligten Elternteile durchgeführt.
Es wird eine oder mehrere Interaktionen der beteiligten Elternteile mit den Kindern beobachtet. Dabei werden nach einem standardisierten Leitfaden diverse psychologische Aspekte erfasst und beurteilt.
Nach vorheriger Schweigepflichtsentbindung erfolgt eine Informationssammlung bei bisher involvierten Fachkräften, die die Beteiligten über einen längeren Zeitraum oder aus anderen Kontexten kennen. Kann persönlich oder in Form eines schriftlichen Berichts erfolgen.
Die beteiligten Elternteile haben die Möglichkeit, Auskunftspersonen zu benennen, welche die Elternteile und Kinder aus anderen Kontexten kennen und die relevante Informationen zur Sache beitragen können. Es erfolgt eine Befragung dieser Personen anhand eines themenorientierten Leitfadens.
In dringenden Fällen mit besonderer Notwendigkeit (z. B. bei Verdacht einer akuten Kindeswohlgefährdung, geplante Fremdunterbringung, Gewalt, Substanzmissbrauch, Verdacht auf schwere seelische Störung oder Missbrauch) kann eine vorgezogene Stellungnahme des Sachverständigen erfolgen/vom Gericht angefordert werden, in der frühe Erkenntnisse der ersten Termine aufbereitet und komprimiert dargestellt werden.
Sofern eine einvernehmliche Grundlage bei den beteiligten Elternteilen zu erkennen und der Sachverständige nach §163 Abs. 2 FamFG beauftragt ist, werden beide Elternteile gemeinsam zu einem mediativen Untersuchungsgespräch geladen. Dabei werden einheitliche Ziele in Bezug auf die Kinder herausgearbeitet und es wird versucht, eine einvernehmliche Lösung zur Beendigung des Konflikts zu finden. Bei Erfolg wird der Sachverständige dem Gericht einen entsprechenden Vorschlag unterbreiten, der das Verfahren verkürzen kann.
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